Marie
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Was danach geschah [VIII]

[25. bis 29. Dezember 1916]
Die Weihnachtssendung der Kinder kam erst am 1. Feiertag an. Die darin befindlichen Bilder der Jungens hatte ich für Curt als Überraschung bestellt. Er freute sich darüber hatte sie eine Weile in den Händen und legte sie dann wieder fort. Er hat sie wohl kaum wieder mit Bewusstsein angesehen. Ich ging am 1. Feiertag früh in den Damensalon, dort fand Gottesdienst statt. Der Geistliche war dazu aus St. Blasien gekommen. Der Gottesdienst begann aber eine halbe Stunde später da der Geistliche des Glatteises wegen den Berg zum Sanatorium schlecht raufkam. Nach dem Gottesdienst frühstückte ich und besuchte dann Frau H., die mir ihre Bescheerung zeigte. Die nächsten Tage verliefen leidlich. Am 27. Dezember erneuerte Curt sogar sein Urlaubsgesuch und schrieb einen Brief an Leutnant S. Wie freute ich mich über dies erneute Zeichen seiner Teilnahme. Ich war ja so bescheiden geworden. Denn sonst lag er ja sehr apatisch und meist schlafend durch das Morphium. Die folgenden Tage bekam er zeitweilig leichte Beklemmungen, die mich stets sehr ängstigten. „Jetzt“ dachte ich oft, „jetzt kommt das Schreckliche, Unabwendbare!“ Angsterfüllt sass ich am Bette und lächelte, beruhigte und half, soviel überhaupt zu helfen war. Dann schlief er meistenteils ein und ich beobachtete von meinem Liegesofa aus jeden Atemzug, jede Bewegung. Das Greifen der Hände auf der Bettdecke, was einem Sterbenden eigen sein soll und auch ist.

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