Monate: Januar 2015

Statt eines Nachrufs: ein Brief

Die in den Tagebüchern erwähnten Karten und Briefe von Curt und Marie sind leider nicht erhalten. Bewahrt wurde aber ein Brief, den der Kronprinz von Sachsen an Curt schrieb, als dieser im Sanatorium war. Der Prinz war wohl ein Regimentskamerad von Curt, aber nicht mit ihm an der Front. In seinem Brief versucht er Curt Trost zu spenden. Er schreibt diese Zeilen einen Monat vor dessen Tod, der wohl erahnt wird, da keine Genesungswünsche mehr formuliert werden, sondern nur der Wunsch, Curt möge sich dem „gütigen Willen“ Gottes ergeben. Dies ist das einzige handschriftliche Dokument und soll darum zum Abschluss noch gezeigt werden.  [FvC] 29.11.16 Lieber C.! Mit aufrichtiger Teilnahme hörte ich vor kurzem, daß Ihre Gesundheit leider nicht auf der Höhe ist. Sie Armer haben wirklich viel durchzumachen – und ich nehme an Allem was Sie bedrückt und sorgt herzlichst wärmsten Anteil. Ein Gedanke tröstet mich: daß Alles was sie während des Krieges gelitten haben, seelisch wie körperlich – und noch durchzumachen haben – Fügung des lieben Gottes ist zu Ihren und der Ihrigen Lasten. …

Epilog [II]

Als Marie ihre Aufzeichnungen beendete, war der Krieg noch nicht vorbei. Wie das Tagebuch berichtet, war bereits vor Ablauf des ersten Kriegsjahres Curt verwundet worden und seine beiden Brüder gefallen. Die Mutter der drei Brüder starb im zweiten Kriegsjahr, nur die Schwester Elsa überlebte den Ersten Weltkrieg; sie starb dann bei der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am 13. Februar 1945. Auch Marie konnte sich ihrer „herrlichen, aber auch schweren Lebensaufgabe“, nun ganz für ihre „Jungens“ zu leben, nur noch kurze Zeit widmen. Sie hatte sich wohl bei der Pflege Curts angesteckt und starb ein halbes Jahr nach dem ersehnten Kriegsende am 4. Mai 1919 in Tiengen. Sie wurde neben Curt in Dresden begraben. Die vier Jungen wurden nach dem Tod beider Eltern alle gemeinsam von ihrer Tante und ihrem Onkel, Maries Schwester und Schwager, zu deren eigenen fünf Kindern aufgenommen und von ihnen großgezogen. Von den vier Söhnen Curts und Maries überlebten alle den Ersten, nur zwei von ihnen auch den Zweiten Weltkrieg. Die vier Söhne Curts und Maries als junge Männer.   

Epilog

Damit sind die Aufzeichnungen beendet. Wer hätte das je gedacht, dass sie so endigen würden. Hoffnungsvoll begann ich sie für Curt abzuschreiben. Das Ende dachte ich mir einst mit einer fröhlichen Rückkehr nach siegreichem Ende des entsetzlichen Krieges. Nun dauert der Krieg bereits das 4. Jahr. Curt ist von mir gegangen. Wann werden wir Frieden haben? Ich schliesse diese Aufzeichnungen am 25. Oktober, am Jahrestag unserer vorjährigen gemeinsamen Abreise nach Wehrawald. Dresden, am 25. Oktober 1917.

Was danach geschah [XI]

[2. bis 8. Januar 1917] Dienstag den 2. Januar trat ich meine Heimreise an. Der gelbe Omnibus brachte mich früh gegen 1/2 9 nach Wehr. Von da auch fuhr ich mit einmaligem Umsteigen in Leopoldshöhe durch bis Frankfurt a.M. wo ich mit ziemlicher Verspätung gegen 7 ankam. Ich war sehr müde und hungrig, da auf der ganzen Fahrt weder Speisewagen noch irgend etwas zu essen gab. Meine Ernährung bestand aus einem Teil der Brotration meines Zimmermädchens vom Verwaltungsgebäude, etwas Cakes und Schokolade. Ich kam sehr gut in Frankfurt im Basler Hof, einem vorzüglichen christlichen Hospiz unter und übernachtete dort. Am nächsten Morgen gegen 8 Uhr fuhr ich weiter. In Leipzig kam ich gegen 4 Uhr an und wollte gegen 6 weiter fahren. Der Fahrplan war aber geändert worden und hatte ich gleich Anschluss. Müde und hungrig war ich diesmal auch. Ich war die ganze Zeit mit 5 Feldgrauen und noch einem jungen Mädchen gefahren. Der Zug war in Frankfurt so überfüllt gewesen, dass ich anfangs dachte, ich käme garnicht mit. Die Feldgrauen machten aber Platz. …