Marie
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Was danach geschah [II]

[26.9.1914-31.9.1916]
Am nächsten Morgen, also am 26. war mein erster Weg ins Lazarett. Ich fand Curt soweit munter. Er lag mit M.s Leibregiment und Major G. zusammen. S., den ich nach dem Ergebnis der Untersuchung fragte, befürchtete anfangs eine gänzliche Ablösung der Achillessehne, da alles sehr vereitert, ja brandig war. Ein paar Tage bestand sogar die Gefahr, dass der Fuss nicht zu erhalten war. Ich glaube wohl, dass dies noch so vorbei ging, dankten wir der energischen Behandlung in Würzburg. Dort wurde die Wunde mit Kampferwein verbunden. 2 Monate fast bliebt Curt im Königl. Lazarett, treu verpflegt von der lieben Schwester Ella. Jeden Tag kann ich nun nicht beschreiben. Ich greife nur einen oder den anderen heraus, zwei schöne und einen traurigen.

Am 7. November musste ich ihm wieder eine Trauernachricht überbringen, nämlich dass [sein mittlerer Bruder] Max gefallen war. [Max fiel am 5.11.1914 vor Ypern.]
Die beiden schönen, die erste Ausfahrt ungefähr Mitte November und zu demselben Zeitpunkt am [ ] November die Verleihung des Eisernen Kreuzes II.

Endlich am 25. November wurde Curt aus dem Lazarett entlassen, sodass er am 24. November seinen Geburtstag mit uns feiern konnte. Curts Hoffen auf eine baldige Heilung wurde auf eine harte Probe gestellt, eine kleine Stelle wollte und wollte nicht heilen. Was er seelisch gelitten hat, als „Krüppel“, wie er sich nannte herumzulaufen, und nicht „heraus“ zu können, das habe ich innerlich mit gelitten. Dabei auf Befragen sagte er stets, ausgezeichnet geht es! Eine Zeit lang machte er Turnübungen bei Dr. L. um die Beweglichkeit des Fusses nach Möglichkeit herzustellen.

Vom 30. Juni bis 28. Juli 1915 ging er nach Elster ins Sanatorium Köhler. Der Erfolg der Kur war gleich Null. Ausserdem war durch die Bestrahlungen eine eiternde Brandwunde entstanden. Nach seiner Rückkehr aus Elster begab er sich zu einer Konsultation zu Professor M. [ins] Diakonissenhaus. Dieser riet einen operativen Eingriff, Entfernen eines mit der Narbe verwachsenen Nerves und Hautverpflanzung. Ende August am 30. ging er in die Diakonissenanstalt. Dort blieb er zunächst 8 Wochen an den Lehnstuhl gebannt, bis endlich die kleine Brandwunde verheilt war. Der Fuss war ganz fest geschient. Endlich nach Verlauf von dieser Zeit konnte der operative Eingriff mit örtlicher Betäubung vorgenommen werden und zwar einmal wurde der Nerv entfernt und als dies geheilt war wurde die Hautverpflanzung gemacht. Die gesunde Haut wurde dazu vom Oberschenkel genommen. –

Ich glaube ich vergass ganz zu schildern wie überhaupt der Schuss im Bein war. Er war oberhalb der Wade hineingegangen, man sah da einen kleinen Einschuss, der Ausschuss war an der Ferse auch ganz klein. Dazwischen war aber eine doch sicher 15 cm lang aufgerissene Wunde. Anscheinend hatte sich das Geschoss überschlagen. Anfangs lag der Verdacht eines Dum Dumgeschosses vor. Dagegen sprach aber der kleine Ausschuss. –

Ich sah Curt leider nicht mal bei den Operationen, da ich zu der Zeit bei Dr. B. in der Klinik war. Das 2. mal war ich gerade heimgekehrt. Endlich Mitte November konnte er das Diakonissenhaus verlassen und damit seine treue Pflegerin Schwester Margarete. Seinen Geburtstag am 24. November konnte er wieder daheim feiern. Diesmal fehlte aber seine Mutter dabei, die am 14. März an Lungenentzündung gestorben war. Ehe die Wunde so fest vernarbt war um mehr aushalten zu können vergingen noch mehrere Wochen. Endlich kam für Curt die langersehnte Stunde, wo er wenigstens hier im Lande seinem Vaterlande dienen konnte. Erst wurde er im Februar stellvertretender Brigadeadjutant bei Exzellenz von Sch. Am [ ] März 1916 wurde er zum Kommandanten des I. Ersatz Bataillons Nr. 100 ernannt. Das war für ihn eine grosse Freude. Am 25. Mai konnte er sogar bei der Parade auf dem Theaterplatz seinem König seine Grenadiere im Parademarsch vorführen. Ein herrlicher Augenblick, in dem auch ich von Herzen dankbar war, für die fortschreitende Genesung. Trotz allem hatte aber Curt immer wieder die heisse Sehnsucht wieder bei seinen Kameraden im Feld zu sein und wenn das nicht möglich war, wenigstens in eine Etappe zu können. Zu Pfingsten 1916 während der Ferien machten wir mit Theo und Fritz einen Ausflug auf die Bastei. Auch da ging das Laufen überraschend gut. Einige Zeit hinterher trat aber eine plötzliche Verschlechterung ein. Er litt an furchtbaren Schmerzen im Rücken, die vom Bein heraufgingen. Tageweise konnte er kaum laufen. Eine ärztliche Untersuchung ergab Nervenentzündung und so wurde er zur Kur nach Wildbad geschickt. Dorthin fuhr er am 1. August. Er wohnte dort im Hotel zur Post. Am 7. September musste ich ihm dorthin berichten, dass Theo und am 9. dass Heinz an Diphterie erkrankt waren. Beide Fälle waren Gott sei Dank leicht, störten aber doch unseren Plan uns irgendwo zu treffen und eine Nachkur von Curt zusammen an einem netten Ort zu verleben. Am 16. September kam Curt hier wieder an. Leider gar nicht erholt. Er war heftig erkältet. Als Nachkurort wählte er er sich Bühlau und fanden wir dort in der Pension Steinhopff ein sehr nettes Unterkommen für ihn, Frieda und die beiden gesund gebliebenen Jungen Fritz und Arndt. Die beiden anderen sollten dann nachkommen. Am 23. September zogen sie raus. Ich blieb mit den beiden Kranken, die anfingen aufzustehen in der Wohnung, die endlich nach Aufbau und Durchbruch schön in Ordnung war.

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