Autor: Curt

16. IX.

Früh am 16. Antwort ergibt, dass meine Nachricht von Verwundung noch nicht angekommen ist. Marie will am 17. kommen, halte es der Züge wegen für ausgeschlossen. * Bis hierher gehen Curts Aufzeichnungen.  Ich setze sie in Kürze fort.  – Marie –  

13. IX.

Vorhin am 13.9. wurde einer geholt, nach einer halben Stunde war er wieder da, ein Bein amputiert. Er wacht jetzt auf. Es ist schrecklich so viel Jammer und Elend zu sehen und zu hören. Er ist anscheinend noch im Dussel und spricht und schreit. Der Saal riecht furchtbar nach Äther und ähnlichen Sachen. Gegen Mittag kommt N. 108 und sagt mir, ich solle mich fertig machen. Ein Fliegerauto will uns nach Montmedy bringen, wo Bahnanschluss. Auch Leutnant v. S. 177 bei der Etappe Vouziers ist rührend, schenkt mir ein Stück Seife.- Abfahrt über Stenay, Buzaney nach Montmedy. Sehr interessante Fahrt. Umgehungsbahn im Bau. In Montmedi in den 2. Bayrischen Lazarettzug. Fahrt über Diedenhofen, Esch, Kaiserslautern, Worms, nach Ochsenfurt. Dort Nachricht, dass wir nicht, wie geplant, nach Nürnberg, sondern nach Würzburg kommen. [Der nächste Tagebucheintrag folgt am 15. September.]

12. IX.

Am 12. früh Aufbruch nach Vouziers. Anschluss an die Bahn. Komme ins Lazarett. Soll heute noch untersucht werden. Habe Angst wegen der Beweglichkeit des Beines. Professor E. aus Bonn hat mich soeben untersucht. Ich hätte Glück gehabt. In einigen Tagen könnte ich weiter. Ein Nerv, der Wadennerv scheine angegriffen. Die Verpflegung ist gut. Ich liege mit 16 Mann zusammen. Alle sehr ruhig, leidend.

11. IX.

11. September. Heute erst komme ich dazu nachzutragen. Am 8. Fortsetzung der Schlacht von Sompuis. Die Vorgänge sind bei mir jetzt verwischt. Es war ein dauerndes Vor. Der Feind ging zurück, überfiel und kam wieder mit Feuer. So auch das letzte Mal. Das II. Bataillon hatte schon 8 Geschütze erobert, da bekam es plötzlich Flankenfeuer. Wir auch. Entwickele die Kompagnie, nehme Feuer auf gegen Waldrand. 900 m. Artillerie unterstützt ausgezeichnet. Plötzlich halblinks, wo II. Bataillon stand, Infanteriefeuer. Ich schiesse mit 400 m. Plötzlich ein Schlag auf meinen linken Absatz. Es beginnt nun die eigentliche Leidensgeschichte. Der Schuster H. und Ö. tragen und zerren mich aus dem Feuer. Meine Schützenlinie geht zurück. Im Infanterie- und Artilleriefeuer. Erst in eine Deckung. 3 Verbandspäckchen. Nach langer anstrengender Arbeit endlich nachts Bahnwärterhaus bei Sompuis erreicht. Erstes Wasser und Trinken seit Tag vorher. Unterarzt L.-ey oder H.-ei verbindet, schient. Bleibe die Nacht dort, früh Morphium. Gegen Mittag Sanitätskompagnie holt uns ab und will uns nach Sompuis bringen, das von den Franzosen angegriffen, die Kirche mit Artillerie beschossen wird. Weiter am …

7. IX.

Sou dé Croix. 7.9.14. 3° Vorm. Gestern am Sonntag ist, wie üblich, für das III. Bataillon ein Hauptarbeitstag gewesen. 3/4 5° Vorm. marschierten wir ab. Gegen 9° Abends war Schluss. Nach der Karte haben wir 52 Kilometer gemacht. Die Leute waren glänzend. Sie schimpften wohl mal laut, Hunger etc. Als es mir aber kurz vor dem Ziel gelang, ein Brot zu verteilen 1 : 234 war die Stimmung schon besser. Die Feldküche kam bald und schlafen sie jetzt, wie die Steine in den Scheunen. 3/4 Stunde von hier stellte T., der Radfahrer und Mädchen für Alles, Franzosen fest. Ich bin daher zur Sicherheit aufgestanden, fürchtete einen Überfall. Der 5. September wurde Rasttag. Nachmittag Feldgottesdienst. N. sprach glänzend. Sirach 50. Eine erhebende Feier. Tief ergreifend, voll Dank und Zuversicht. Das Lied „Nun danket alle Gott“ war mächtig, gesungen von Tausenden die empfanden was sie sangen.- Was der Tag heute bringt? Die I. Armee steht vor Paris, etwas südlich die II. Dann mehr nach Süden die III. Gestern den ganzen Tag vor unserer Front Kanonendonner. Wir sind …

4. IX.

4. Liegen heute Abend in Isse an dem Marne Kanal. Grosser Jubel, liebe Marie, als Deine Briefe und Sendungen kommen. Franz B. erscheint mit einer Flasche Rolderer Sekt. Wir trinken sie in seiner Abwesenheit auf das Wohl der in der Heimat gebliebenen. Die Nachricht von Heinzens Erkrankung hat mich nicht erreicht, wie ich schon auf der ersten Karte schrieb. Es ist doch zu merkwürdig. [Der nächste Tagebucheintrag erscheint am 7. September.]

3. IX.

3. Früh Alarm. Abmarsch 8° nach Baconnes. 11° eingetroffen. Rast bis Abends. Glühende Hitze. Ein Civilist wurde erschossen, wegen tätlicher Angriffe auf einen Grenadier. So angenehm der Tag anfingt, so schrecklich endete er. Vormarsch nach der Marne. Als Vorhut Wald bei Livry erreicht. Feuer von französischer Nachhut. Kompagnie greift ein. Grässliches Feuer von allen Seiten. Mache einen Sturmangriff. Am Waldrand bleibt Schützenlinie liegen, da Feuer überallhin einschlägt. Habe 15, 20 Mann verwundet. Leutnant F. +, R. verwundet. W. +. Ich bin ganz niedergeschlagen und kämpfe dauernd mit den Tränen. Mein Rücken tut mir so weh, schon tagelang. Wenn nur bald die Entscheidung fiele und der Krieg hier zu Ende wäre! Wir sind alle ganz kaput [sic]. Heute Abend werden wir wohl die Marne überschreiten. Wenn ich nur das Eiserne Kreuz oder die Heinrichsmedaille bekäme, das wäre eine Aufmunterung. Es ist wieder anders geworden. Festung Reims von 23. Res.Id. Sachsen im Handstreich genommen! Wir sind im Besitz der Marne. Abmarsch nach Westen.

2. IX.

2. Sept. Gestern waren wir in Verteidigungsstellung, da wir zu weit nach vorn gekommen und das XIX. A.K. noch nicht ran war. Schwerer Tonboden. Nachmittag Antritt. Artillerie und Infanteriefeuer. Im Walde Fühlung vollständig verloren. Schützen III. II./100 weg. 9. und 10. Kompagnie vereinigt erreichen mit M.G. Pauvers. Dort Übergang zur Ruhe. Kaum gedacht, Sicherung mit der Kompagnie für ruhende Artillerie übernehmen. Nacht im Strassengraben verbracht. Ich bin wie zerschlagen. Mein Rücken und linke Brustseite tun seit dem Gefecht von Paradis grässlich weh. Feind verschwunden. 8° Abmarsch nach Merchant. Vorher Brief von Marie. Ich kann nicht anders, als ich ihr Bild sah und das der Kinder habe ich geheult. Meine Nerven sind zu schlapp. Nichts zu rauchen, was doch so beruhigt. Wir sehen allmählich aus wie die Räuber. Unrasiert, staubig, ungewaschen und abgemagert. Wenn nur bald eine richtige Entscheidung käme! Anscheinend schliesst sich der Ring östlich von Reims. Momentan wieder ein Gefecht. 2. Regt. I./100 gegen St. Etienne. Wenn das genommen, Vormarsch nach Couroy-Reims. Die Hitze ist grässlich, die Stimmung der Leute noch gut, seitdem sie …